Wir glauben nicht, dass wir die ganze Welt verbessern können. Aber meinen Sie nicht auch, dass wir
- durch persönliche Kontakte
- durch kulturübergreifende Begegnungen
- in überschaubaren Strukturen
- in Kleinprojekten
schrittweise das Ungleichgewicht in der Welt verändern können?
Was ist die Erklärung von Graz?
Anfang der 70er Jahre begann eine Gruppe von GrazerInnen mit Selbstbesteuerung für die Dritte Welt. Aus dieser Initiative entwickelte sich die Erklärung von Graz (EvG), ein Verein für solidarische Entwicklung mit den Ländern des Südens.
Wir sind überzeugt,
dass die Verarmung und die desolate Situation dieser Länder ihre Gründe haben:
- Die jahrhundertelange Aneignung ihrer Rohstoffe und der Produkte ihrer Arbeit durch die Kolonialmächte in der Zeit des Imperialismus.
- Die Ausbeutung ihrer Arbeitskräfte die auch nach dem Ende der Ära des Kolonialismus noch andauert.
Die vom Norden diktierte Weltwirtschaftsordnung
Mittlerweile haben die Eliten des Südens selbst die Rolle der Ausbeuter von gestern übernommen.
Wir sind überzeugt,
dass es von großer Wichtigkeit ist, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der relative Wohl- stand hierzulande nur die eine Seite der Medaille "Weltwirtschaft" ist, und deren andere Seite das Elend und die Armut der Länder des Südens.
Wir stellen fest:
Die Wirtschaft im Stadium der Globalisierung befindet sich in einer schweren Krise. Die Periode stetigen Wachstums nach dem Zweiten Weltkrieg ist endgültig vorbei. Heute steht die Weltwirtschaft im Zeichen immer schärfer werdender Konkurrenz um Märkte und Produktionsstandorte, um das drohende Sinken der Profite angesichts der Überproduktion zu verhindern.
Was können wir tun?
Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass diese Entwicklung die Lebens- und Überlebensbedingungen aller Menschen bedroht, die nicht zur Elite des internationalen Kapitals gehören, sondern von Erwerbsarbeit abhängig sind, vor allem derer, die im Süden leben, und derer, die schlechtere Startbedingungen für die Erwerbsarbeit haben: Frauen, Kinder, Behinderte, Vertriebene, Flüchtlinge.
Es geht uns besonders um die Menschen des Südens, die über keinen sozialstaatlichen Schutz verfügen, und zumeist überhaupt keine Möglichkeit haben, ihr Leben durch Erwerbsarbeit zu fristen. Wir müssen dafür sorgen, dass ihre Möglichkeiten zu einem menschenwürdigen, unabhängigen Leben von den internationalen Wirtschaftsagenturen nicht bedroht werden.
Es muss uns klar werden
in welchem Maß wir die Zwänge des kapitalistischen Systems verinnerlicht haben: Den Erfolgs- und Konsumzwang, die Ideologie des Besitzenmüssens, die Blindheit dieses Zwangs für die katastrophalen Folgen für die soziale und natürliche Umwelt. Die Blindheit dieses Zwangs für die Folgen des rücksichtslosen Einsatzes gefährlicher Technologien für Mensch und Natur.
Wie können wir verhindern,
dass der ganze Planet zum Austragungsort des Kampfes für steigende Profite für eine verschwindend kleine wirtschaftliche Elite wird, eines Kampfes, der das soziale und ökologische Gleichgewicht weltweit zu zerstören droht?
Wir unterstützen mit aller Kraft Bewegungen die auf der Basis elementarer politischer und sozialer Grundrechte und unter Ausschöpfung aller rechtlichen Mittel gegen die ökonomische Benachteiligung der Länder des Südens kämpfen und für die Rechte der unabhängigen Staaten weltweit.
Wir müssen die Menschen davon überzeugen, dass die Welt, um in Frieden zu bestehen, der Orientierung an Werten bedarf, die eine sichere materielle, ideelle und soziale Existenz für alle Menschen weltweit ermöglicht:
Eine Orientierung an den grundlegenden Bedürfnissen der Weltbevölkerung, an einem schonenden und nachhaltigen Umgang mit der Natur, aber vor allem:
Eine bewusste und bewusst gelebte Solidarität mit allen Menschen in der Welt, deren Lebensrechte bedroht sind.
Eine andere Welt ist möglich
Die EVG sieht sich verbunden mit allen sozialen Bewegungen, die sich solche Ziele setzen: Mit der Friedensbewegung, mit der Ökologiebewegung, mit den Initiativen von ATTAC und mit der Frauenbewegung weltweit.
Die Veränderung beginnt bei uns selbst
Wir sind überzeugt, dass Erfolgs- und Konsumzwang dem Wert unseres Lebens abträglich sind. Wir setzen deshalb einen kleinen Teil unseres Wohlstands für die Finanzierung von Projekten der autonomen Entwicklung an einzelnen Orten in den Ländern des Südens ein. Bisher haben wir etwa 376.300,- Euro aus eigenen Mitteln für mehr als 25 Projekte aufgebracht um zumindest punktuell die Situation für Menschen in Afrika, Lateinamerika oder Asien einen Schritt weit zu verbessern.
Wir unterstützen die Informationsarbeit und verschiedene soziale Initiativen in Österreich.
Wir wählen die von uns finanzierten Projekte selbst aus und legen großen Wert auf einen direkten Kontakt mit den Personen, die die Projekte vor Ort betreuen.
Aus unserer Projektarbeit
Menschenrechte sind unteilbar und unveräußerlich. Sie werden auch durch unterschiedliche Kultur- und Religionsauffassung nicht außer Kraft gesetzt. Wir fördern daher vor allem Gruppen, die sich emanzipatorische Ziele gesetzt haben.
Daher setzen wir folgende Schwerpunkte:
- Projekte, die der Bekämpfung der ländlichen und städtischen Armut dienen, vornehmlich solche, die der Selbstversorgung der Bevölkerung mit örtlich hergestellten Produkten dienen;
- Projekte, die der Umweltzerstörung entgegenwirken, die die Erhaltung einer menschengerechten und natürlichen Umwelt zum Ziel haben;
- Projekte, die der Alphabetisierung und der weiterführenden Bildung, der Berufsausbildung und der Förderung des Handwerks dienen. Diese Projekte sollen das vorhandene Wissen und Können der Bevölkerung berücksichtigen;
- Projekte, die auf die kulturelle Identität und auf vorhandene Traditionen der Zielgruppe Rücksicht nehmen;
- Projekte, die Frauengruppen unterstützen, die für ihre soziale, wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit arbeiten;
- Projekte, die Kinderarbeit zurückdrängen;
- Projekte, die die Schaffung, Erhaltung und Förderung der Gesundheit sowie präventivmedizinische Maßnahmen betreffen;
Ferner sollen nach Möglichkeit nicht nur Einzelprojekte gefördert werden, sondern auch Programme, die mehrere aufeinander abgestimmte Projekte enthalten.
In den 30 Jahren Ihres Bestehens hat die Erklärung von Graz Projekte im In- und Ausland, hauptsächlich in Lateinamerika und Afrika, im Gesamtausmaß von 627.970,- Euro gefördert (inkl. der Fördergelder des Landes Steiermark).
Forderungen an unsere Regierung
- Erhöhung des Budgetpostens "Entwicklungshilfe" auf die von Österreich eingegangene Verpflichtung von 0.7% des BNP unter gleichzeitiger Einhaltung der Budgetwahrheit (keine versteckte Exportförderung österreichischer Firmen) wobei die Finanzierung durch eine Rohstoffausgleichssteuer erfolgen sollte.
- Aktive Mitarbeit Österreichs an einer Schuldenerlasspolitik, die sich auf jene Länder beschränkt, die bereit sind, Menschenrechte zu respektieren und die Umwelt zu schonen.